09.02.2021 | Am 6. Februar trafen sich die Metallerinnen und Metaller der Berliner Glas zur Mitgliederversammlung. Im Vordergrund stand einerseits die drohende Zerschlagung des Unternehmens durch den neuen Eigentümer, den niederländischen ASML-Konzern. Andererseits diskutierten die Mitglieder über den gegenwärtigen und einen möglichen IG Metall-Tarifvertrag. Am Ende vereinbarten die Anwesenden neue Ziele.
Die Veranstaltung begann mit einer kleinen Überraschung. Der niederländische Gewerkschaftssekretär Peter Reniers von der Metallgewerkschaft FNV richtete solidarische Grüße von den niederländischen ASML-Kollegen und Kolleginnen aus und berichtete von der aktuellen Auseinandersetzung zwischen ASML und FNV in den Niederlanden.
ASML ist in den Niederlanden tarifgebunden und es gelten die tariflichen Bestimmungen aus der Metall- und Elektroindustrie. Allerdings versucht das Unternehmen trotz Rekordumsätzen und hoher Gewinne aus dem Metallsektor auszusteigen. Dieses Ansinnen scheiterte in der Vergangenheit immer wieder am Widerstand der gewerkschaftlich organisierten Kollegen und Kolleginnen vor Ort. Das Beispiel zeigt: Gut organisierte Belegschaften können – auch bei ASML – gute Tarifverträge erstreiten und verteidigen. Peter sicherte seine Unterstützung zu, falls es bei Berliner Glas zu einer Tarifauseinandersetzung kommen sollte.
Droht die Zerschlagung?
In den letzten Wochen sorgte ein weiteres Thema im Betrieb für Unruhe: Seitdem ASML die Berliner Glas aufgekauft hat, stehen verschiedene Geschäftsbereiche auf dem Prüfstand. Es kann wohl angenommen werden, dass die Pläne der Geschäftsführung schon weiter fortgeschritten sind als in der Belegschaft bekannt ist. Aus diesem Grund diskutierten die Mitglieder unterschiedliche Handlungsszenarien, sollte die Unternehmensleitung einzelne Betriebsteile verkaufen wollen. Fest steht, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen gelten auch dann weiter, wenn einzelne Betriebsteile an andere Unternehmen verkauft werden.
Die Vorteile eines IG Metall-Tarifvertrags
Anschließend diskutierten die Mitglieder über die Vorzüge eines IG Metall-Tarifvertrages gegenüber dem aktuell gültigen Tarifvertrag aus dem Groß- und Außenhandel. Da Berliner Glas eindeutig ein Industriebetrieb ist und auch zwischen den Gewerkschaften die Einigkeit besteht, dass die IG Metall die zuständige Gewerkschaft ist, stellt sich die Frage, warum Berliner Glas so sehr am falschen, unpassenden und nicht mehr zeitgemäßen Tarifvertrag festhält. Die Antwort dürfte relativ einfach ausfallen: Der IG Metall Tarifvertrag ist teurer, weil er neben höheren Entgelten und kürzeren Arbeitszeiten auch mehr (Sonder-)Urlaubstage und weitere Vorzüge bietet.
Die Belegschaft von Berliner Glas wird selbst entscheiden, wann man sich auf den Weg macht, sich einen solchen Tarifvertrag zu erstreiten. Notwendig dafür ist eine gewerkschaftlich gut organisierte Belegschaft, die mobilisierungs- und aktionsfähig ist und selbstbewusst für ihre gerechtfertigten Interessen einsteht. Auch wenn wir davon aktuell noch etwas entfernt sind, haben sich bereits viele Kollegen und Kolleginnen auf genau diesen Weg begeben.