01.07.2021 | Wer eine Dienstreise macht, ist nicht zu seinem Privatvergnügen unterwegs. Dementsprechend ist Reisezeit Arbeitszeit. Arbeitszeit hat im Wesentlichen zwei Komponenten: Unterschieden wird einerseits die vergütungspflichtige Arbeitszeit und andererseits die Arbeitszeit iSd Arbeitszeitgesetzes (ArbZG).
Reisezeit ist keine Freizeit
Arbeit ist jede fremdnützige Tätigkeit. Unternehmen Arbeitnehmer*innen eine Dienstreise, so sind sie nicht zu ihrem privaten Vergnügen unterwegs, sondern erbringen fremdnützige Tätigkeit.
Eine Dienstreise ist die Fahrt an einen Ort, an dem ein Dienstgeschäft zu erledigen ist. Dienstgeschäfte sind zum Beispiel Fortbildungen, Tagungen, Seminare, Treffen mit Kunden, Wahrnehmung von Terminen.
Reisezeit ist zu vergüten
Da die Reisezeit fremdnützige Tätigkeit ist, ist die Reisezeit zu vergüten. Dies hat das Bundesarbeitsgericht bereits mehrfach entschieden (BAG, Urteile vom 17.10.2018 – 5 AZR 553/17 und vom 15.11.2018 - 6 AZR 294/17).
Allerdings kann die Reisezeit geringer vergütet werden als die eigentliche Tätigkeit – oder sogar gar nicht, jedenfalls wenn dadurch der Mindestlohn nicht unterschritten wird; möglich ist auch, dass die Vergütung nicht in Geld, sondern etwa durch eine Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto erfolgt. Dies muss dann aber auch vertraglich geregelt sein, z.B. in einem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag. Besteht eine solche gesonderte Vergütungsregelung für Dienstreisen nicht, so sind Dienstreisen mit dem normalen Stundenlohn des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin zu vergüten.
Reisezeit und Arbeitszeitgesetz
Das Arbeitszeitgesetz soll den/die Arbeitnehmer*in schützen, z.B. indem Ruhepausen während der Arbeit sowie Ruhezeiten nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eingehalten werden.
Viele Arbeitgeber argumentieren, dass die „Reisezeit“ jedenfalls keine Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes darstellt – weil das BAG in seinen Urteilen nur über die Vergütungspflicht entschieden hat. Reisezeit soll danach nur dann Arbeitszeit sein, wenn die Arbeitnehmer*innen während der Reise besonders „beansprucht“ werden, beispielsweise weil sie während der Reise arbeiten müssen. Mit dieser Argumentation würde die Pflicht aus dem ArbZG, Pausen- und Ruhezeiten einzuhalten, bei Reisezeiten entfallen.
Aus unserer Sicht ist diese Auffassung nicht zutreffend: Da Dienstreisen fremdnützige Tätigkeiten darstellen, ist die Reisezeit richtigerweise Arbeitszeit – und zwar nicht nur im Sinne der Vergütungspflicht, sondern auch im Sinne des Arbeitszeitgesetzes. Dies ist letztlich aber noch nicht höchstrichterlich entschieden.
Wegezeiten sind keine Reisezeiten
Von Reisezeiten zu unterscheiden sind übrigens die sogenannten Wegezeiten: Bei dem Weg von der Wohnung zum Betrieb und wieder zurück handelt es sich weder um eine Dienstreise noch um Arbeitszeit; der Arbeitsweg wird also nicht vergütet. Etwas anderes gilt nur, wenn die Reisetätigkeit Teil der Hauptleistungspflicht ist, zum Beispiel bei Außendienstmitarbeiter*innen.