27.09.2019 | Um die Pflege in unseren Krankenhäusern steht es nicht zum Besten – das wissen wir alle aus der Zeitung. Nun hatten sich 52 Interessierte versammelt, um den Details zuzuhören, die Max Bitzer von ver.di und zwei pflegende Kolleginnen aus dem „Bündnis mehr Personal im Krankenhaus“ zu berichten hatten.
Deutschlandweit fehlen 100.000 Pflegekräfte – allein in Berlin 3.000 bei 50 Krankenhäusern. Und das liegt auch an den schlechten Arbeitsbedingungen: 80% der Auszubildenden brechen ab oder bleiben jedenfalls nicht in dem erlernten Beruf. Die Verweildauer im Pflegeberuf beträgt im Durchschnitt 7 Jahre. Und weil die wenigen Pflegenden so überlastet sind, werden sie häufiger krank und fallen aus. Viele Pflegende arbeiten in Teilzeit, weil man nach einer kompletten Schicht so kaputt ist, dass die Freizeit nur noch schlafend verbracht wird. Und durch Outsourcing werden die Bedingungen noch mehr verschlechtert.
Inzwischen ist das Thema in aller Munde durch Demos, Tarifauseinandersetzungen, Presseberichte, Kampagnen und Aktionen. Überall haben sich Gesundheits-Bündnisse gebildet.
Das neue Pflegepersonal-Stärkungsgesetz gibt es nur wegen dieses härter werdenden Kampfes um bessere Bedingungen. Es hat immerhin das Problem erkannt, aber es klebt nur ein Pflaster auf die tiefe Wunde: Es gilt nur für vier von etwa 20 Bereichen.
Um die Zustände zu verbessern, haben ver.di und das Bündnis einen Volksentscheid (bzw. im ersten Schritt ein Volksbegehren) auf die Beine gebracht. Er enthält einen Gesetzentwurf, der die Gesundheitsversorgung der Berliner verbessern und mehr Geld in die Krankenhäuser bringen soll. Dazu sollen viele einzelne Punkte – insbesondere den Personalschlüssel, aber auch Hygiene / Reinigung, Mindestinvestitionen und Konsequenzen bei Verstößen – besser und verbindlich geregelt werden. Details findet ihr unter volksentscheid-gesunde-krankenhaeuser.de.
Die Unterschriften der ersten Phase sind längst gesammelt und abgegeben. Der Senat hat 13 Monate gebraucht (statt der vorgegebenen vier Monate), um sich eine Meinung zu bilden; er hält die Forderungen für rechtswidrig, weil einige dem neuen Pflegepersonal-Stärkungsgesetz widersprechen, nämlich mehr fordern. Dabei kann man immer besser sein als das Gesetz – zumindest in den landeseigenen Krankenhäusern! Nun muss das Berliner Verfassungsgericht die Sache klären und das kann dauern…
Deshalb sind wir alle aufgerufen, in allen Parteien und Gremien, in denen wir aktiv sind, auf die Tatsachen hinzuweisen und für bessere Pflege und das vorgeschlagene Gesetz zu werben – der Senat kann immer noch mit den Initiatoren verhandeln.
Am 22. Oktober können wir die Pflegenden bei einer Aktion unterstützen: Es nennt sich „Pflegesilvester“. An diesem Tag wäre das vorhandene Personal für 2019 nämlich aufgebraucht, wenn die Schichten so besetzt würden, wie es für eine sichere Patientenversorgung notwendig ist: Also muss offensichtlich ein neues Jahr anfangen.
Außerdem sollten sich Betroffene – und auch Besucher – unbedingt in den Krankenhäusern beschweren, wenn etwas nicht funktioniert. Man darf keine Angst haben, damit die einzelnen Pflegenden in die Pfanne zu hauen, haben uns die beiden Kolleginnen wiederholt versichert. Beschweren hilft!
Manuela Wegener (gekürzt, mehr im nächsten Senioren-Report Nov. 2019)