Für die Angleichung der Arbeitsbedingungen in Ost und West:

Warnstreik mit Gregor Gysi: „Fast zwei Jahre länger bis zur Rente arbeiten – damit muss Schluss sein“

21.04.2021 | 30 Jahre nach der Wiedervereinigung sind gleiche Arbeitsbedingungen in Ost und West eine Selbstverständlichkeit – bloß für die Ost-Arbeitgeber noch nicht. Die IG Metall Berlin hat daher heute die Beschäftigten von Siemens Mobility, GE Power und Thales zum Warnstreik aufgerufen: Insgesamt 400 Kolleg*innen aus einem Dutzend Berliner Betriebe kamen, viele Kolleg*innen beteiligten sich per Livestream im Homeoffice, um den DDR-Fans auf Arbeitgeberseite gemeinsam mit Gregor Gysi einen öffentlichen Denkzettel zu verpassen.

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Die Arbeitgeber der Metall- und Elektroindustrie in Ostdeutschland sind komische Vögel. Sie jammern und klagen, wie schlecht es ihnen gehen würde. Dabei sind sie doch eindeutig die finanziellen Gewinner dieser Gesellschaft. Sie ziehen vor Gericht, um die Aktionsfreiheit von Gewerkschaften zu beschneiden – und verlieren.

Und sie finden es ganz normal, 31 Jahre nach der Wiedervereinigung die Menschen nach regionaler Beliebigkeit in zwei Kategorien einzuteilen: Den meisten Beschäftigten zahlen sie das überall in Deutschland übliche Tarifgehalt. Aber die Menschen in ihren Firmen auf einem großen Teil des ehemaligen DDR-Gebietes lassen sie drei Stunden die Woche länger arbeiten. Das ist fast ein halber Tag (!) Arbeit mehr pro Woche oder umgerechnet mehr als acht Prozent weniger Gehalt jeden Monat als alle anderen in Deutschland.

„4.000 Stunden müssen die Kolleginnen hier im Osten länger arbeiten, wenn sie in Rente gehen“, sagte Gregor Gysi, der große Fürsprecher ostdeutscher Interessen auf der heutigen Warnstreikkundgebung. „Das sind volle zwei Jahre, die Ihr länger arbeiten müsst, bevor Ihr die gesetzliche Rente bekommt. Natürlich ist das 31 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht hinnehmbar. Damit muss Schluss sein.“

Kolleginnen und Kollegen aus mehr als einem Dutzend Firmen hörten, was Gysi sagte, und klatschten natürlich: Die warnstreikenden Beschäftigten von Siemens Mobility, GE Power und Thales sowie die Delegationen von Biotronic, OTIS, Dynamowerk, Siemens Energy, dem Siemens Messgerätewerk, der Siemens Energy GmbH Schaltwerk, Schindler sowie der BSH.

Der Bezirksbürgermeister von Treptow Oliver Igel (SPD) schickte ein Grußwort, Solidaritätserklärungen kamen von der Tarifkommission Metall und Elektro aus Nordrhein-Westfalen und dem IG Metall Vertrauenskörperleiter Ford-Werke, Benjamin Gruschka.

„Warum sollten sich junge Leute unter diesen Bedingungen dafür entscheiden, im Osten zu arbeiten?“, fragte Max Schröder, Jugendvertreter von Siemens Mobility. Und Frank Kasischke, der Betriebsratsvorsitzende von Siemens Mobility ergänzte, dass viele der Beschäftigten sich „fremdgeschämt haben“, als die sächsischen Arbeitgeber vor Gericht zogen, um die Gewerkschaften um ihre Aktionsformen wie Warnstreiks zu beschneiden – und dann auch noch erfolglos: „Diese Arbeitgeber sind nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen und Gesellschaft zu gestalten“, sagte Frank Kasischke. 

„Die Spaltung in besser und schlechter behandelte Beschäftigte in unserer Stadt akzeptieren wir nicht“, sagt Regina Katerndahl, die Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Berlin. „Daher werden wir unsere Berliner Kolleginnen und Kollegen in den kommenden Tagen immer wieder zu Warnstreiks und Aktionen aufrufen, bis die Ewiggestrigen auf Arbeitgeberseite endlich alle Beschäftigten gleich behandeln.“

 

Von: Jörn Breiholz

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