Angriff auf unser Streikrecht abgewehrt:

Weg frei für weitere Warnstreiks in der Tarifrunde

16.04.2021 | Nachdem der sächsische Arbeitgeberverband VSME eine einstweilige Verfügung über die berechtigte Forderung der IG Metall für ein Tarifliches Angleichungsgeld erwirkt hatte, stellte das Landesarbeitsgericht Chemnitz heute sehr klar: Der durch das Grundrecht geschützte Arbeitskampf im Kampf um die nach 30 Jahren längst überfällige Angleichung ist rechtens. Die IG Metall darf also weiterhin zu Warnstreiks in der laufenden Tarifrunde der Metall- und Elektroindustrie aufrufen.

Das geht natürlich auch in Sachsen: Warnstreikaktion im Autocorso Foto: Christian von Polentz

„Es ist ein guter Tag“, sagt Birgit Dietze, IG Metall-Bezirksleiterin Berlin-Brandenburg. „Nach dem Entsetzen über diesen massiven Angriff der Arbeitgeber atmen unsere Kolleginnen und Kollegen auf. Das Landesarbeitsgericht hat bestätigt, dass wir mit dem Tariflichen Angleichungsgeld eine rechtmäßige Forderung aufgestellt haben, mit der wir arbeitskampffrei sind. Die Angleichung ist uns ein wichtiges Anliegen. Wir beraten jetzt mit unseren Mitgliedern in den Tarifkommissionen und in den Verhandlungskommissionen die weiteren Schritte.“

Die IG Metall fordert in der jetzigen Tarifrunde ein Tarifliches Angleichungsgeld. In Ostdeutschland arbeiten die Beschäftigten 38 Stunden pro Woche und damit drei Stunden mehr als ihre Kolleginnen und Kollegen im Westen - unbezahlt, 30 (!!!) Jahre nach der Wiedervereinigung. Die IG Metall fordert daher die Angleichungsdifferenz im Entgelt für diese drei Stunden. „Statt sich konkret mit unserer regionalen Forderung des Tariflichen Angleichungsgelds auseinanderzusetzen und eine konstruktive Debatte im Rahmen der Verhandlungen zu führen, flüchtet sich der Arbeitgeberverband in eine gerichtliche Auseinandersetzung", sagt Jan Otto, der Erste Bevollmächtigte der IG Metall Berlin. "Das ist inakzeptabel und alles andere als sozialpartnerschaftlich. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts unterstreicht die Rechtmäßigkeit unseres Vorgehens.“

Der sächsische Arbeitgeberverband VSME hatte gestern vor dem Arbeitsgericht Leipzig eine einstweilige Verfügung gegen die Forderung für das Tarifliche Angleichungsgeld in dieser Tarifrunde erwirkt. Daraufhin hatte die IG Metall alle Warnstreiks abgesagt und sofort Berufung eingelegt. Das Landesarbeitsgericht hat heute Mittag die Entscheidung des Arbeitsgerichts Leipzig kassiert.

Seit Beginn der Verhandlungen im Dezember hatte es von den Arbeitgeber*innen vor allem eines gegeben: Absagen an die Tarifforderungen der IG Metall. Nach dem Pilotabschluss in Nordrhein-Westfalen zieht sich der sächsische Arbeitgeberverband VSME mal wieder auf seine Blockadehaltung zurück. „Das Verhalten stößt bei den Kolleg*innen in unseren Betrieben auf großes Unverständnis. Eine derartige Ignoranz haben sie nicht erwartet. Für sie ist völlig unverständlich, weswegen es beim Thema Angleichungsgeld keine Bewegung gibt“, so Jan Otto weiter.

30 Jahre nach der Wende empfinden viele Beschäftigte die krasse Ungleichbehandlung als enorme Ungerechtigkeit. Hinzu kommt: Für die Betriebe ist die Ungleichbehandlung in Ost und West ein nachweislicher Standortnachteil, der zur Abwanderung der so dringend benötigen Fachkräfte führt. „Hier müssen die Arbeutgeber endlich handeln, auch um die Zukunft unserer Industrie nachhaltig zu sichern und voranzutreiben“ so Otto weiter. „Wir erwarten eine Akzeptanz unseres Vorschlags und eine Diskussion auf Augenhöhe. Das können und werden wir mit allen  legitimen Mitteln des Arbeitskampfs auch in unseren Berliner Betrieben zum Ausdruck bringen.“

 

Von: Andrea Weingart, Jörn Breiholz

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