So geht 2021:

„Wer eine starke IG Metall will, tritt ein“

08.01.2021 | Jan Otto und Regina Katerndahl, der Erste und die Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Berlin, sprechen über ihre Pläne für 2021.

Gier von Marge unterscheiden: Regina Katerndahl und Jan Otto Foto: Christian von Polentz

Jan, das Daimler-Management will das Mercedes Benz-Werk Berlin perspektivisch dicht machen. Ist das die neue Art, wie die Arbeitgeber mit Sozialpartnerschaft in der Transformation umgehen?
Jan: Corona beschleunigt die Transformation, sie war aber die ganzen Jahre allgegenwärtig. Viel wurde verschlafen. Wir wissen, dass Arbeitgeber sich immer erst dann bewegen, wenn es an die Rendite geht. Das passiert gerade. Von daher würde ich sagen: Es ist der Versuch, Gewerkschaften und ArbeitnehmerInnen-Rechte zurückzudrängen. Auch die IG Metall „transformiert“ sich gerade – und auch wir müssen das schneller tun, als wir es vielleicht für möglich gehalten hätten.

Das heißt?
Jan: Wir waren nie wichtiger als heute. Denn es geht um eine grundsätzliche Frage: Wer erbringt die Wertschöpfung? Wer definiert den Wert der Arbeit? Und es ist eine ethische Kategorie: Wie soll die Industrie eines klimaneutralen Zeitalters aussehen? Ich glaube nach wie vor, dass es ohne großen Arbeitsplatzverlust gehen kann. Aber dafür müssen wir uns anstrengen.

Was halten wir dem entgegen?

Jan: So wie wir es in den vergangenen Jahren gelernt haben: Wir organisieren die Kolleginnen und Kollegen durch, gehen in Konflikte, erarbeiten Alternativ-Konzepte und scheuen uns auch nicht davor, neue Wege zu gehen, die bisher keiner beschritten hat. Vielleicht können wir den Leuten manchmal nicht von Beginn an sagen, wie es genau besser wird. Aber mit uns wird es auf jeden Fall besser. Das haben wir hundertfach bewiesen.

Regina, was ändert sich in der Geschäftsstelle mit der neuen Leitungsspitze?
Die Arbeit ändert sich vor allem, weil die Wirtschaft sich neu strukturiert. Wir  fokussieren daher noch stärker darauf, dass nur gut organisierte Belegschaften und IG Metall gemeinsam gute Regelungen durchsetzen können. Das heißt, die Beschäftigten werden erst Mitglieder der IG Metall, um dann mit uns gemeinsam die Arbeitsbedingungen deutlich zu verbessern.

Auch bei Siemens sind mit der Ausgliederung der Energiesparte gewaltige Umbrüche vollzogen. Wie gehen wir als IG Metall hier strategisch die Transformation an?
Regina: Für den ausgegliederten Energiebereich wollen wir eine Wachstums- und eine Personalstrategie vereinbaren, die Qualifizierung beinhaltet. Dafür wollen wir auch den in der Vergangenheit zwischen IG Metall, GBR und Vorstand vereinbarten Innovations- sowie den Qualifizierungsfonds fortsetzen. Generell kann es aus unserer Sicht nicht zielführend sein, Siemens immer weiter zu zerlegen.

Ihr habt in den Gremien als erstes Ziel ausgegeben, dass die Geschäftsstelle wachsen soll. Wie läuft es mit der Mitgliedergewinnung?
Regina: Unser Jahresziele werden wir gut erreichen  können. Es läuft vor allem da gut, wo wir Konflikte haben und wo sich Beschäftigte organisieren, um Tarifverträge abzuschließen.

Was wollt Ihr anders machen, wenn es um neue Mitglieder geht?
Jan: Wir legen klare Kriterien fest, nach denen wir unsere Arbeit strukturieren und wann wir wie in welche Auseinandersetzung gehen. Wir treten an, um zu gewinnen. Das geht nicht mit halber Kraft. Wir sind keine Service-Gewerkschaft oder Behörde: Wir sind eine Mitmach-Gewerkschaft. Daher setzen wir all unsere Expertise ein, um neue Mitglieder zu gewinnen. Wir haben nur eine Quelle: Das sind unsere Mitgliedsbeiträge. Wer eine starke IG Metall will, tritt ein und bekennt sich somit zu uns. So einfach geht mitmachen.

Der neue Gesamtmetallpräsident Stefan Wolf fordert Lohnverzicht und Mehrarbeit. Wie schaut Ihr da drauf?
Regina: Natürlich lehnen wir das ab. Wir können sehr wohl die Gier nach mehr Marge von einer schwierigen wirtschaftlichen Lage unterscheiden. Und dort, wo Betriebe in schwierigen ökonomischen Situationen sind, haben wir schon immer über betriebliche und tarifliche Regelungen Lösungen gefunden. 

Eure Wünsche für 2021 sind…
Jan: Dass wir die Gewerkschaftsarbeit nach 125 Jahren erneut revolutionieren und uns so erneuern, dass es weitere 125 Jahre werden.
Regina: Dass es uns gelingt, insbesondere den ITK-Bereich stärker für uns zu interessieren und die Arbeitsplätze im sogenannten traditionellen Bereich abzusichern.

 

 

 

 

 

 

Von: Jörn Breiholz

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