Gewerkschaftstag

Zeit für Zukunft. Das war der Gewerkschaftstag 2023

27.10.2023 | Die IG Metall will den grünen, digitalen Umbau der Betriebe fair gestalten und gute Arbeit sichern. Mit mehr Mitbestimmung, Tarifverträgen und einem starken Sozialstaat. Dazu will die IG Metall ihre Arbeit in den Betrieben stärken. Das beschlossen die 421 Delegierten des 25. Gewerkschaftstags.

Gruppenbild mit Bezirksdelegierten (Foto: Christian von Polentz)

Vorstand beim Politik gestalten (Foto: Lando Hass)

(Foto: Christian von Polentz)

The future is female. IG Metall Frauen (Foto: Christian von Polentz))

Die IG Metall hat ihren neuen Vorstand gewählt und die Ziele für die kommenden vier Jahre beschlossen: Das „Team IG Metall“ geht die Zukunft in den Betrieben an. Den Umbau auf CO2-neutrale Produktion, Elektroautos und grünen Stahl – und die Digitalisierung. Die IG Metall will den Wandel fair und sozial gestalten. Dazu fordert die IG Metall mehr Mitbestimmung bei der strategischen Ausrichtung der Unternehmen, bei Investitionen und Weiterbildung.

FairWandel – Gute Arbeit in der Transformation sichern

„Statt die Chancen zu nutzen, machen sich zu viele Arbeitgeber einen schlanken Fuss und verlagern Arbeitsplätze“, kritisierte Christiane Benner, die neu gewählte Erste Vorsitzende der IG Metall. „Diese De-Industrialisierung Deutschlands müssen wir stoppen. Wir wollen Industrie weiterentwickeln, nicht abwickeln. Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat eine Perspektive verdient. Durch zukunftsfähige Arbeitsplätze – mit guter Arbeit und guten Löhnen. Durch Qualifizierung.“

Neben Christiane Benner wählten die Delegierten Jürgen Kerner als Zweiten Vorsitzenden, Nadine Boguslawski als Hauptkassiererin, sowie als weitere geschäftsführende Vorstandsmitglieder Hans-Jürgen Urban und Ralf Reinstädtler.

Als erste Frau übernimmt Christiane Benner den IG Metall-Vorsitz in Zeiten großer Umbrüche. 50 Prozent der Beschäftigten sagen, dass ihr Arbeitgeber keine Strategie hat für die grüne und digitale „Transformation“. Viele Beschäftigte sind verunsichert, fühlen sich ausgeliefert, einige laufen Rechtspopulisten zu. Die IG Metall jedoch will, dass Beschäftigte ihre Zukunft mitbestimmen – und so Demokratie positiv im Betrieb erleben.

IG Metall fordert mehr Mitbestimmung

Die IG Metall will den Wandel fair und sozial gestalten. Doch nach derzeitiger Rechtslage können Betriebsräte und IG Metall erst eingreifen, wenn der Arbeitgeber bereits Abbau, Verlagerung und Schließung verkündet. Zwar gelingt es der IG Metall immer häufiger, in Verhandlungen über Sozialpläne und Sozialtarife auch Zukunftstarifverträge durchzusetzen, mit mehr Mitbestimmung und konkreten Investitionszusagen. Aber noch zu spät.

Deshalb fordert die IG Metall bessere Gesetze, um Beschäftigten mehr Sicherheit im Wandel zu geben: mehr Mitbestimmung, mehr Tarifverträge – und ein starker Sozialstaat: höheres Bürgergeld - ohne Sanktionen, Verlängerung des Arbeitslosengelds 1 auf bis zu 36 Monate, Bürgerversicherung für Gesundheit und Pflege, Stärkung der gesetzlichen Rentenversicherung, klares Nein zur Rente mit 67.

Aktive Industriepolitik und tarifgebundene Transformation

Zudem fordert die IG Metall eine aktivere Industriepolitik: mehr Investitionen in Infrastruktur, schnellerer Ausbau der erneuerbaren Energien – und einen Brückenstrompreis für energieintensive Betriebe, etwa in der Stahlindustrie, bis wir genug günstigen Solar- und Windstrom haben.

Während Wirtschaftsminister Robert Habeck die Forderung in seiner Rede auf dem Gewerkschaftstag unterstützte, wollte Bundeskanzler Olaf Scholz keinen Brückenstrompreis zusagen.
Als der Bundeskanzler zu den Delegierten spricht, rufen sie immer wieder laut: "Zukunft". Und versammeln sich hinter dem Transparent "Brückenstrompreis jetzt!". Olaf Scholz hat sich mehrfach gegen den Brückenstrompreis ausgesprochen und mochte auch auf dem Gewerkschaftstag kein Bekenntnis zu dieser Forderung der IG Metall abgeben. Stattdessen kündigte er eine „Kombination aus vielen Einzelmaßnahmen“ an. Unter dem Strich werde das dazu führen, dass die Unternehmen die schwierige Phase überstehen. Sein Fazit zum Thema Strompreise: „Wir werden eine gute Lösung finden.“ Auch im 21. Jahrhundert werde es „eine industrielle Zukunft in Deutschland“ geben. Der IG Metall reicht das nicht. Sie wird am 24. November mit einem Aktionstag den Druck für einen Brückenstrompreis noch einmal erhöhen.

In den Betrieben will die IG Metall mehr und bessere Tarifverträge durchsetzen, mit mehr Geld, sowie kürzeren Arbeitszeiten, die Arbeitsplätze in der „Transformation“ sichern, die Beschäftigten mehr Selbstbestimmung und mehr Zeit zum Leben geben, etwa in Form einer 4-Tage-Woche, wodurch Betriebe auch attraktiver für Fachkräfte werden.
Der Gewerkschaftstag sprach sich auch einhellig für Recht auf fünf Tage Bildungszeit in Sachsen aus, womit Demokratie, Unabhängigkeit und Engagement gefördert werden.
Zudem will die IG Metall Mobil- und Montagearbeit sowie neue digitale Arbeitsformen und Künstliche Intelligenz fair gestalten.
 

Team IG Metall für Zukunft und klare Kante

Um ihre Ziele durchzusetzen, will die IG Metall stärker in den Betrieben werden, mit mehr IG Metall-Mitgliedern und mehr IG Metall-Vertrauensleuten, unterstützt durch Beratung, Betreuung und Bildung. Dazu fordert die IG Metall auch bessere Schutzrechte. Immer öfter werden Betriebsräte von Arbeitgebern und ihren Anwälten angegriffen. Hierzu kündigte Arbeitsminister Hubertus Heil auf dem Gewerkschaftstag einen Gesetzentwurf an: Staatsanwälte sollen die Behinderung von Betriebsräten aktiv als Straftat verfolgen.

Um den Wandel fair und sozial zu gestalten, will die IG Metall zudem neue Betriebe und neue Beschäftigtengruppen erschließen. Durch die „Transformation“ entstehen ja auch neue Arbeitsplätze – etwa im Handwerk, in den neuen Chipfabriken oder beim Autobauer Tesla.

„Das dürfen keine gewerkschaftsfreien Zonen werden“, fordert die neue Erste Vorsitzende Christiane Benner. Es gelte nun die Chancen der „Transformation“ zu nutzen. „Wir setzen uns dafür ein, dass alle Menschen gut leben können. Macht mit beim klimaneutralen Umbau der Gesellschaft. Unser „Team IG Metall“ ist offen für alle – außer für Rassisten, Faschisten und andere Reaktionäre. Macht mit bei unserem Team IG Metall.“

Auch die IG Metall-Jugend sieht Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter in einer besonderen Verantwortung und brachte das Thema Rassismus mit einer Aktion in den Fokus der Delegierten. Denn Rassismus finde im Alltag statt – auch in den Betrieben. Dort gelte es „klare Kante zu zeigen“, so die IG Metall-Jugend. Kolleginnen und Kollegen müssten im Betrieb gegen Rassismus verteidigt werden: „Jedes Mal, wenn wir Haltung beweisen, leisten wir einen Beitrag dazu, dass aus Stammtischparolen keine terroristischen Anschläge werden.“ Der Satz „Wehret den Anfängen“ bedeute, genau jetzt aktiv zu werden. Schließlich senden die Delegierten des Gewerkschaftstags gemeinsam ein Zeichen. Alle im Saal versammeln sich. Und die Botschaft auf hunderten T-Shirts ist unmissverständlich: „Vielfalt macht uns stark“.

"Von dem Gewerkschaftstag und der Wahl von Christiane geht ein starkes Signal aus. Auch wir als Berliner IG Metall freuen uns und gratulieren dem neuen Vorstand von ganzem Herzen. Jetzt heißt es aber: Loslegen! Vor uns liegen große Aufgaben und als IG Metall und IG Metall Berlin haben wir viel vor. Die Schwerpunkte unserer Arbeit müssen  Mitgliederetnwicklung, sozial-ökologische Transformation und weitere Erschließung der Digitalwirt sein. Packen wir es an", sagt Jan Otto, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Berlin.

Aus Berlin waren nicht nur sieben Delegierte in Frankfurt. Mit Regina Katerndahl, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Berlin, stellte Berlin auch ein Mitglied der Satzungsberatungskommission. "Es war mir eine Ehre, diese Aufgabe zu übernehmen und ich freue mich auf die kommende Arbeit mit und in der IG Metall", sagt Regina Katerndahl. 

Eine Videorückschau auf den Gewerkschaftstag aus Bezirkssicht gibt es hier. Einen Fokus auf den letzten Tag mit Schwerpunkt Industriepolitik legt dieses Video. 

Von: igm; igm bbs; cm

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